Israel, Palästina

Diese kurzgefasste Darstellung soll als Diskussionsunterstützung dienen und beansprucht nicht, eine umfassende Analyse zu sein.
Außerdem ist sie nicht „ausgewogen“, sondern parteiisch.

4. Dezember 2023

Inhaltsverzeichnis

Shoah

1  Vorgeschichte und Geschichte bis 1517

1.1  Eroberer, Aufstände, Exil, Jüdischer Staat – bis 65 v.Z.

1.2  Römer – bis 324

1.3  Byzantiner, Mohammedaner, Christen, Mamelucken – bis 1517

2  Osmanisches Reich – bis 1917

2.1  Der Zionismus

2.2  Landkauf – Landnahme – Landraub?

3  Britische Mandatsverwaltung bis 1947

3.1  Gebrochene Versprechungen

3.2  Jischuv

3.3  Arabischer Aufstand

3.4  2. Weltkrieg, Nazizeit und danach

4  Israel als Staat, der vernichtet werden sollte (und soll)

4.1  Staatsgründung – Vernichtungskrieg – Fluchtbewegungen

4.2  Sinaikrieg 1956

4.3  6-Tagekrieg 1967

4.4  Palästinensische, „besetzte“/„umstrittene“ Gebiete

4.4.1  Gazastreifen

4.4.2  Westjordanland

4.5  Palästina, palästinensische Nation

4.6  Flüchtlinge

4.7  Außenpolitische Folgen des 6-Tage-Krieges

4.8  Jom-Kippur-Krieg 1973

4.9  „Friedens“-Prozesse

4.9.1  Zweistaatenlösung

4.9.2  Gaza-Rückzug 2005

4.9.3  Internationale Anerkennung

5  Ausblick

Shoah

Nach der systematische Vernichtung von Juden während des Zweiten Weltkriegs in
Deutschland und in den von Deutschland besetzten Gebieten und angesichts der Weigerung
der meisten Länder, flüchtende Juden aufzunehmen, gelangten 1945 auch jüdische
Nicht-Zionist:innen zu der Einsicht:

Es braucht einen jüdischen Staat, in den Jüdinnen und Juden flüchten können, wenn in ihren
Heimatländern der Antisemitismus wieder die Oberhand erlangt und jüdisches Leben bedroht
ist.

Daher war klar, dass spätestens jetzt die 1917 in der Balfour-Deklaration versprochene
„Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“ zur
Frage des Überlebens des jüdischen Volkes geworden war, wie Pogrome in Osteuropa sogar
nach der Shoah zeigten.

Daher ist heute auch die Ablehnung des Zionismus trotz gleichzeitiger Beteuerung nicht
antisemitisch zu sein, ihrem Wesen nach eine Ablehnung des Existenzrechts Israels und damit
die Negierung einer sicheren Zufluchtsstätte für die Jüdinnen und Juden der ganzen
Welt.

Denn für die Jüdinnen und Juden in aller Welt bedeutete Israel:

Es gibt für Jüdinnen und Juden in aller Welt einen sicheren Zufluchtsort und der
heißt Israel.

Wenn dieser gefährdet ist, wie jetzt, dann betrifft dies alle Jüdinnen und Juden in der Welt.
Umso mehr, wenn gleichzeitig, wie seit dem 7. Oktober 2023 zu erleben, eine riesige
antisemitische Welle nicht nur in arabischen, sondern auch in europäischen Ländern und den
USA in Richtung Pogrome überzuschwappen droht, wie es in der russischen Teilrepublik
Dagestan unlängst der Fall war.

Die Anerkennung dieser engen Verbindung zwischen Shoah und der Gründung des
Staates Israel ist daher die minimale Basis für eine sinnvolle Diskussion über Israel und
Palästina.

1  Vorgeschichte und Geschichte bis 1517

Name Palästina von „Philister“, die in der Frühzeit an der Küste siedelten, abgeleitet und
später für die Region gebraucht.

Heutige Grenzen Israels/Palästinas = in etwa dem in der Bibel genannten „Kanaan“
entsprechend. Ob israelitische Stämme das Land von außen gegen die dort lebende
Bevölkerung in Besitz genommen haben, wie es im Buch Josua beschrieben wird, oder im Land
selbst eine Gruppe sich als Herrschende hatte, ist aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse
archäologischer Funde zu den Bibeltexten eine unter Fachleuten bis heute offene
Diskussion.

Dies betrifft auch die Existenz eines unabhängigen Königreichs unter David und Salomon.
Denn bis in die 1990er Jahre gab es keine archälogischen Befunde, die auf ein Königreich David
hinwiesen. Da die archäologischen Forschungen des 19. und 20. Jahrhunderts vielfach von
Bibelizisten (also für Widersprüche blindmachende Anbindung der Funde an schriftliche
Überlieferung der jüdischen Bibel = „Altes Testamen“) und von israelischen Forschern ein
Interesse an „großer“ Vorgeschichte Israels bestand, dominierten lange die „Maximalisten“ mit
der These vom Davidisch-Salomonischen Großreich. Dagegen die „Nihilisten“ oder
„Revisionisten“, welche den überlieferten Schriften keinerlei Relevanz für geschichtliche
Wahrheit zusprachen. Durch neuere Funde nähern sich die Einschätzungen, trotz
weiterhin bestehendem Expert:innen-Streit, in Richtung: Es gab wohl ein Reich unter
der Herrschaft Davids, aber deutlich kleiner dimensioniert als in den Bibeltexten
angegeben. Dies dürfte auch auf die Salomonische Herrschaft zutreffen. Wobei etwa
das Hohelied Salomons durchaus als kulturelle Höchstleistung anzusehen ist. Egal.
Denn:

Für Diskussion des israelisch-palästinensischen Konflikts taugen Rückführungen auf
tausende Jahre alte geschichtliche Ereignisse absolut nicht, sondern verstärken eher die
Nationalismen und solcherart mythologisch gestützte Phantasien (etwa bei radikal-orthodoxen
Siedlerbewegung, die uraltes jüdische Land wieder in Besitz zu nehmen glaubt, oder auf Seiten
der Palästinenser: Palästina als seit ewigen Zeiten „arabisches Land“ verstanden).

Religiöse Besonderheit: Monotheismus, vermutlich in Ägypten unter Echnaton erstmalig,
aber inkonsequent aufgetaucht, entwickelte er sich als konsequenter Eingottglaube unter
den israelischen Stämmen, war allerdings auch von Rückfällen in Vielgötterei und
Götzendienst begleitet. Hebräische Bibel bietet da reiches Anschauungsmaterial. Die
Abweichler vom Monotheismus wurden in dieser Lesart oftmals von JHWE persönlich
vernichtet.

1.1  Eroberer, Aufstände, Exil, Jüdischer Staat – bis 65 v.Z.

Israel wurde ca. 928 von Ägypten und dann von Assyrern erobert.

Judäa bestand länger und wurde 587 v.Z. von Babylon erobert, Tempel zerstört und Juden
vertrieben (1. babylonisches Exil)

Allerdings blieb neben anderen Ethnien und Religionsgemeinschaften damals und in den
folgenden Jahrtausenden immer jüdische Bevölkerung im Land.

Dann kamen Perser 586-332 v. Z. – erlaubte Rückkehr aller verbannten Völker, also auch des
jüdischen Volkes. Bau des 2. Tempels.

Es folgten die Griechen 332 v.Z., als Alexander die gesamte Region eroberte. Gewährte freie
Religionsausübung für Juden. Auch der Nachfolger Antiochos III. erlaubte Wiederansiedelung
und Ausübung des Judentums. Dessen Sohn Antiochos IV. unterdrückte die jüdische
Bevölkerung und ihre Religionsausübung, nachdem es eine Rebellion gegen einen von
Antiochos eingesetzten Hohepriester gegeben hatte. Was wiederum zu Aufständen und der
Wiedereroberung des jüdischen Tempels unter Makkabäus und der Bildung eines
unabhängigen jüdischen Staates (Hasmoinäer-Dynastie) führte. Dieser bestand fast
100 Jahre.

1.2  Römer – bis 324

besetzten 63 v.Z. das Land und führten römische Verwaltung ein. Juden durften in der Regel
ihre Religion leben.

66 n.Z. gab es Aufstand gegen die Römer, der nach langen Kämpfen niedergeschlagen wurde.
Fast alle in der Gegend lebenden Juden wurden getötet oder vertrieben. (Diaspora Nr. 2 –
dauerte bis 1882, allerdings siedelten sich im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder jüdische
Gruppen oder Einzelpersonen in dem Gebiet an.)

Römer blieben bis 324. In der Zeit gab es weiteren erfolglosen jüdischen Aufstand.

Hernach kamen

1.3  Byzantiner, Mohammedaner, Christen, Mamelucken – bis 1517

Byzantiner

bis 638 (Grabeskirche in Jerusalem ließ Kaiser Konstantin für seine Mutter erbauen). Er und
sein Sohn Justinian I untersagten Juden Ausübung der Religion.

Ab 638 besetzten mohammedanische Heere das Land und schufen das

Muslimische Kalifat,

das bis 1099 bestand. In dieser Zeit Arabisierung. Juden wurden so wie die Christen als
Menschen 2. Klasse „geduldet“ (Dhimmis = geschützte Personen), mit beschränkter
Selbstverwaltung und persönlichen Beschränkungen (durften nicht auf Pferden oder Kamelen
reiten u.a.m.) und hohe Steuern.

Christliche Kreuzfahrer

zwischen 1099 und 1260 waren besonders blutrünstig gegen alle Nichtchristen und „natürlich“
auch gegen die Juden. Sie gründeten das Königreich Jerusalem.

Mamluken

Kreuzfahrer wurden durch die Mamluken, ursprünglich islamusche Kriegerkaste,
besiegt und herrschten in Palästina bis 1517. Im Unterschied zu den Kreuzfahrerzeiten
zeigten die neuen Herrscher größere Toleranz gegenüber jüdischem Leben und der
Religionsausübung.

2  Osmanisches Reich – bis 1917

1517 Eroberung durch Türken. Israel/Palästina wurde Teil des Osmanischen Reiches. Araber
waren seit der islamischen Eroberung im 7. Jahrhundert die größte Bevölkerungsgruppe.
Darüber hinaus lebten aber die verschiedensten Ethnien und Religionsgemeinschaften hier
mehr oder weniger friedlich nebeneinander und miteinander.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wirkte sich eine in Europa entstandene Bewegung nachhaltig
auf dieses Gebiet aus:

2.1  Der Zionismus

Zionismus, in welcher Form auch immer, ist die Antwort auf Antisemitismus, egal in welcher
Region, von welchen Gruppen ausgehend: Er ist die Erkenntnis, dass jüdische Menschen
vielerorts keine Möglichkeit der Existenz haben und daher eine Region brauchen, in der sie
sicher ihre Lebensformen leben können.

Wobei damit kein ausschließlich jüdischer Staat gemeint war. Anfangs war auch offen, wo
dieser Staat errichtet werden sollte. Es setzte sich aber die Ansicht durch, dass es eine
Bewegung zurück zu den Wurzeln, ein Heimkommen sein müsse, inklusive Wiederbelebung der
hebräischen Sprache, auf Basis einer liberalen Weltsicht und auf eigene Arbeit
beruhend (Schwergewicht auf landwirtschaftliche Eigentätigkeit ist einer der wesentlichen
Punkte in der frühen Phase).

Reiche Juden (u.a. Rothschild) finanzierten ab Mitte des 19. Jahrhunderts Landkäufe in
Palästina, wo eingewanderte Jüdinnen und Juden landwirtschaftliche Genossenschaften
bildeten, wo sie entsprechend der erwähnten zionistischen Maxime selbst, ohne arabische
Hilfskräfte, den Boden bearbeiteten.

Die wurde zum Angelpunkt für unterschiedliche Interpretationen über
Besitz- und Eigentumsrechte in Palästina, die bis heute noch nachwirken.

2.2  Landkauf – Landnahme – Landraub?

Bis ca. Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte das Land, der Grund und Boden des Landstrichs
Palästina, formell niemandem, genauer gesagt gehörte er dem osmanischen Staat, der
Steuern von denen verlangte, die Boden bearbeiteten, weniger von den Nomaden, die
mit ihren Herden durch Gebiete streiften, die als Gemeineigentum verstanden
wurden.

Unter anderem zum Zweck der Erhöhung der Steuereinnahme gab es ab 1858 Reformen, die
eine Registrierung und finanzielle Ablöse des bearbeiteten oder beanspruchten Bodens von den
jeweiligen Besitzern (bis dahin nicht Eigentümern) verlangten.

Die ansässigen Bauern (Fellachen) unterließen zumeist die Registrierung, weil aufgrund der
Erfahrungen mit der türkischen Zentralgewalt (Zwangsrekrutierungen u.a.) jeder Kontakt
möglichst vermieden wurde.

So übernahmen örtliche Würdenträger und städtische Kaufmannsfamilien für sie die
Registrierung und waren ab dann nach dem Gesetz Eigentümer.

Für die Fellachen änderte sich in der Regel nichts: Die Steuern wurden nun nicht
mehr an die osmanischen Steuereintreiber abgegeben, sondern an den nunmehrigen
Grundbesitzer, der natürlich seinerseits steuerliche Abgaben an den Staat zu liefern
hatte.

Diese Entwicklung führte durch Weiterverkäufe zu Großgrundbesitztum von in den Städten
und außerhalb Palästinas lebenden Eigentümern, die keinen Bezug mehr zu den Ländereien
hatten, die ihnen gehörten und aus denen sie Einkünfte bezogen.

So ist es auch erklärlich, dass sie bereit waren, an Bodenerwerbsgesellschaften (Zionistischen
Bodenfond) Grundstücke zu verkaufen, da ihnen ein guter Preis dafür bezahlt wurde. Die
Fellachen waren den Großgrundbesitzern herzlich wurscht. Und die jüdischen Einkäufer hatten
keinen Einblick in die oben beschriebenen osmanischen Bodengebrauchs-Verhältnisse.

Durch das oben erwähnte zionistische Prinzip der Eigenarbeit und dem innerzionistischen
Verbot, erworbenes Grundeigentum wieder an Nichtjuden zu verkaufen, verwandelte sich der
Boden unter der Hand nicht mehr in eine frei verfügbare Ware, sondern wurde zum
territorialen (und kollektiven) Besitz der Siedler.

Obwohl formell und gesetzlich alles in Ordnung, hatten die Fellachen den Eindruck, ihnen sei
der Boden gestohlen worden – denn von den Geldsummen für den Kauf sahen sie
nichts.

Der Groll und die Wut richtete sich gegen die neuen Eigentümer, die jüdischen Siedlern, und zog tätliche bis bewaffnete Auseinandersetzungen nach sich, zwischen zwei Beteiligten, die sich
beide im Recht fühlten.

So verging der Rest des 19. Jahrhunderts: Jüdische Bevölkerung wurde größer und verdrängte
durch Landkäufe Teile der örtlichen Bevölkerung sowohl aus ihren Subsistenzverhältnissen,
und teilweise durch den Druck der Verhältnisse auch aus ihren Dörfern (da keine
Arbeitsmöglichkeit bei den jüdischen Genossenschaften bestand und sie in Städte zogen oder
sich in anderen Gebieten ansiedelten).

Mit dem 1. Weltkrieg und dem Zerfall des Osmanischen Reiches, das an der Seite der
Mittelmächte (Deutschland, Österreich-Ungarn, Italien) zu den Verlierern des Krieges gehörte,
endete die Herrschaft der Osmanen.

3  Britische Mandatsverwaltung bis 1947

Für vormals kolonisierte Gebiete, die ihre Herrscher im Zuge des 1. Weltkrieges „verloren“
hatten, beschloss der 1920 gegründete Völkerbund Mandate einzuführen, um sicherzustellen,
dass diese ehemaligen Kolonien des Osmanischen Reiches und anderer entmachteter
Mächte (Deutschland) „auf dem Weg zu politischer Selbstbestimmung und Reife
begleitet wurden“. Auch Palästina wurde Mandatsgebiet und als solches Großbritannien
zugesprochen.

3.1  Gebrochene Versprechungen

Die britische Mandatsverwaltung nach dem 1. Weltkrieg begann mit gebrochenen
Versprechungen und zusammen mit Frankreich und Italien mit einer Fortsetzung
imperialistischer Politik. Die Versprechungen:

  1. Im 1. WK gelang es Briten dank Lawrence von Arabien arabische Stämme für
    Kampf gegen Türken, die mit Deutschland verbunden waren, zu gewinnen, mit
    dem Versprechen der Unabhängigkeit (Hussein-McMahon-Korrespondenz von
    1915-1916),
  2. Großbritannien schloss aber auch Abkommen mit Frankreich über Teilung des
    gesamten Nahen Ostens (Sykes-Piquet-Abkommen 1916).
  3. In der (Balfour-Deklaration von 1917) verpflichtete sich Großbritannien
    überdies, eine unabhängige nationale Heimstätte für das jüdische Volk in
    der ehemaligen osmanischen Provinz Palästina zu schaffen.

Es war klar, dass von diesen drei einander ausschließenden Versprechungen zwei gebrochen
werden mussten.

Bei der Pariser Nachkriegsfriedenskonferenz forderte Prinz Faisal als Vertreter der
Araber, unterstützt von Lawrence die Unabhängigkeit der Araber UND der
Juden. Es gab Treffen und Briefwechsel zwischen ihm und Chaim Weizmann, dem
Anführer der zionistischen Bewegung, in dem die Souveränität beider Völker anerkannt
wurde.

Für die Araber war trotz aller Streitigkeiten und im Sinne des Anerkennens der
Freiheitsbestrebungen der Völker nach dem 1. WK (s.a. Wilsons 14 Punkte) damals klar, dass
die in Palästina ansässigen Juden ebenfalls ein Recht auf das Land hatten, das sie
bebauten!

Doch es kam anders:

  • 1922 übernahmen die Briten ein Völkerbundmandat für Palästina, 1923 wurden die
    heutigen Grenzen zu Jordanien (damals Transjordanien) am Jordan gezogen. Die
    Briten bezeichneten dieses Gebiet nun als Palestina EY (EY hebräische Initialen
    für Land Israel).
  • Der Rest des osmanischen Reiches wurde mit willkürlich gesetzten und
    Stammesgebiete durchschneidenden Grenzen zwischen Frankreich, Großbritannien
    und Italien aufgeteilt. Konflikte waren vorprogrammiert und wirken bis heute
    nach.

3.2  Jischuv

In den frühen Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts entstand das Hauptbüro für
Industrie und Handel des Jischuv (=Gesamtheit der vorstaatlichen zionistischen
Gruppen in Israel), das für Ansiedelung und Gründung von Industrie, Handwerk,
Handelsunternehmen sorgte und den Grundstein legte für heutige israelische ökonomische
Potenz.

Durch Landwirtschaft und entstehende Industrie und Gewerbe wurde das Land fruchtbarer
und reicher und zog neben jüdischen Zuwanderern auch arabische aus den umliegenden
arabischen Ländern an, womit die Gesamtbevölkerung stark anstieg.

3.3  Arabischer Aufstand

Mehr und mehr kam es zu Spannungen zwischen der arabischen und der jüdischen
Bevölkerung, da von arabischer Seite her befürchtet wurde, dass die jüdische Bevölkerung eine
demographische Mehrheit und damit mehr wirtschaftliche und politische Macht erreichen
würde. Dies wurde noch verstärkt durch einen wachsenden arabischen Nationalismus, der nicht
nur Palästina betraf. In den Jahren 1936 bis 1939 kam es zum arabischen Aufstand,
vorwiegend gegen die britische Mandatsmacht, aber auch gegen jüdische Ansiedlungen, die
ihrerseits zur Selbstverteidigung zu den Waffen griffen.

Die britische Mandatsmacht versuchte außer strikten militärischen Unterdrückungsmaßnahmen
politisch den Arabern entgegenzukommen, indem sie die jüdische Zuwanderung begrenzte, ein
unabhängiges jüdisch-arabisches Palästina versprach u.a.m, was 1939 in einem Weißbuch
festgehalten wurde und zum Abebben des Aufstandes führte.

3.4  2. Weltkrieg, Nazizeit und danach

Während es 2. Weltkrieges unterstützte die jüdische Bevölkerung auch im britischen
Mandatsgebiet trotz der Spannungen mit Großbritannien, die nach der Veröffentlichung des
Weißbuches 1939 einen Höhepunkt erreichten, die Alliierten. Viele meldeten sich – so wie in
Großbritannien selbst viele der aus Deutschland und Österreich Geflüchteten – in die Britische
Armee, es gab sogar eine jüdische Brigade.

Differenzierter war es auf arabischer Seite. Hier verschaffte sich das Prinzip „Meines Feindes
Feind …“ Geltung: So waren die Menschen in den Gebieten unter der Kontrolle der alten
Kolonialmächte anfälliger für eine positive Haltung zu Nazideutschland und Verbündeten, dort,
wo wie in Abessinien blutige Erfahrungen mit einem faschistischen Aggressor gemacht wurden,
tendierte man eher zu den Alliierten. In Palästina spielte die Kollaboration des einflussreichen
Muftis von Jerusalem mit Hitlerdeutschland eine gewisse Rolle, insbesondere durch
Verbreitung antisemitischer Radiosendungen und Publikationen. Die Mehrheit der in
Palästina lebenden Araber hatten aber andere Sorgen als die in Europa geschmiedeten
Bündnisse.

Dies betraf vor allem die während und nach der Nazizeit aus Europa geflüchteten Jüdinnen
und Juden. Denn die Überlebenden der Shoah hatten vielfach vor allem in Osteuropa keine
Perspektive. In ihren Häusern wohnten andere, ihr Eigentum hatten andere und vor allem: In
Polen gab es NACH dem 2. WK wieder Pogrome, sodass über 200.000 Jüdinnen und Juden von
dort u.a. über Österreich durch jüdische Hilfsorganisationen nach Israel geschleust wurden –
gegen die heftigen und teilweise bewaffneten Versuche der britischen Mandatsträger dies zu
verhindern.

Zwischen der jüdischen und der arabischen Bevölkerung stiegen demnach wieder die
Spannungen und häuften sich bewaffnete Auseinandersetzungen.

Die jüdische Bevölkerung verlangte immer vehementer die Einhaltung des von den Briten
gegebenen Versprechens nach einer unabhängigen nationalen Heimstätte für das jüdische Volk
in Palästina.

Daher verstärkten die verschiedenen jüdischen Untergrundbewegungen im britischen
Mandatsgebiet ihre Aktivitäten, welche vor allem aus Anschlägen auf britische Einrichtungen
und britische Soldaten bestanden. Herausragend dabei war der viele Todesopfer kostende
Anschlag auf das King-David-Hotel 1946.

Angesichts dieser Unruhen und Anschläge auch von arabischer Seite zogen die Briten 1947 für
sich die Reissleine und erklärten ihr Mandat für beendet. Sie zogen in kurzer Zeit ihre Truppen
ab, ohne sich weiter um die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Arabern zu kümmern.

Die frisch gegründete UNO übernahm nun die politische Verantwortung für das Gebiet und
bereitete einen Teilungsplan vor.

4  Israel als Staat, der vernichtet werden sollte (und soll)

4.1  Staatsgründung – Vernichtungskrieg – Fluchtbewegungen

November 1947 Zwei-Drittel-Mehrheit in UNO-Vollversammlung stimmte für Teilungsplan
für Palästina. 55% für jüdische Bevölkerung (größeres Gebiet, unfruchtbareres Land), 45%
für Araber.

Die jüdischen Vertreter stimmten dem Plan zu. Die arabischen nicht .

Unmittelbar nach der UNO-Abstimmung begannen die Palästina-Araber mit bewaffneten
Aktionen gegen jüdische Siedlungen und umzingelten Jerusalem. Um die Versorgung
Jerusalems zu gewährleisten, führte die Hagana, die bislang nur jüdische Dörfer verteidigt
hatte, erstmals auch Offensivoperationen aus, um die Straße zwischen Tel Aviv und Jerusalem
für Versorgungsgüter zu sichern. Ebenso wurden wieder Verbindungen zwischen jüdischen
Ansiedelungen geschaffen, welche durch arabische Gebietsgewinne voneinander getrennt und
damit isoliert worden waren.

Am Ende gelang es der jüdischen Seite, die Grenzen des künftigen Staatsgebildes zu sichern
und die jüdischen Siedlungsblöcke miteinander zu verbinden und damit wehrfähiger zu
machen.

Die Bewohner:innen von arabischen Dörfern, die sich an bewaffneten Aktionen beteiligt hatten,
wurden teils zur Flucht veranlasst, teils direkt vertrieben.

Der eigentliche Krieg brach aus, nachdem am 15. Mai 1948 der Israelische Staat auf der Grundlage des UNO-Teilungsplans als säkularer, demokratischer jüdischer Staat, also auch für andere Religionen offen, proklamiert worden war.
Die Unabhängigkeitserklärung enthält auch den Aufruf an im nunmehrigen israelischen Teil
lebende Araber, sich am neuen Staat aufgrund voller bürgerlicher Gleichberechtigung und
entsprechender Vertretung in allen provisorischen und permanenten Organen an seinem Aufbau
zu beteiligen.

Hierauf erfolgte durch die Armeen von Ägypten, Syrien, Transjordanien, Irak und dem
Libanon, sowie durch lokale arabisch/palästinensische Freischärler der militärische
Überfall.

In der ersten Phase des Abwehrkampfes ging es für die jüdische Bevölkerung ums nackte
Überleben gegen die Übermacht, in der zweiten Phase, als die jüdischen Verteidiger
Waffen aus der Tschechoslowakei erhalten hatten, konnten sie dadurch und durch ihre
bessere Organisation sowie durch ihre hohe Kampfmoral (nicht zuletzt durch die
Vernichtungsdrohungen der arabischen Seite) Offensivoperationen unternehmen, Boden
gewinnen und ihrerseits arabische Dörfer angreifen und Bewohner:innen zur Flucht veranlassen
oder zu vertreiben.

Von kleinen zionistischen militärischen Gruppierungen kam es dabei aber auch zu Massakern
an der arabischen Zivilbevölkerung. Bekanntestes und folgenschwerstes Beispiel erfolgte im
Dorf Deir Jassin. Dort tötete eine radikale zionistische Gruppierung über 100 arabische
Dorfbewohner:innen, inklusive Kinder. Das Massaker in Deir Jassin wurde von der
zionistischen Führung umgehend verurteilt. Was übrigens einen beachtlichen Unterschied zu
den Reaktionen auf palästinensischer Seite ausmacht, wenn deren Terrorgruppen
Massaker verübten und -üben. Solche Taten werden bis heute von der palästinensischen
Bevölkerung nicht nur begrüßt, sondern auch gefeiert, wie vor einiger Zeit bei den
Freudenkundgebungen im Gazastreifen und im Westjordanland anlässlich des Terroranschlags
auf eine Jerusalemer Synagoge, bei der 7 Menschen ermordet wurden. Auch das
Massaker vom 7. Oktober wurde in arabischen Ländern und in der palästinensischen
Bevölkerung vielfach bejubelt. Und bis heute sind die arabischen Stimmen, welche eine
Verurteilung formulieren, sehr spärlich und wenn, dann zumeist mit einem großen ABER
versehen.

Die Verbreitung der Tötung der arabischen Bevölkerung in Deir Jassin hatte weitreichende
Folgen. Es verstärkte die Fluchtbewegung der palästinensische Araber, die zum Teil bereits zu
Beginn des Krieges von ihren lokalen Führern aufgefordert worden waren, ihre Dörfer vorläufig
zu verlassen, um dann nach der Vernichtung der Juden durch die arabische Armeen gefahrlos
in ihre Wohnstätten zurückkehren zu können. Doch es kam bekanntlich anders:

Nach diesem von Israel letztlich erfolgreich geführten Unabhängigkeitskrieg hatte es 77% des
Territoriums unter Kontrolle. 60% des Bodens war „frei“ zur Besiedelung geworden, zumeist
durch die Flucht oder Vertreibung der ansässig gewesenen Araber. 1954 lebte etwa
ein Drittel der jüdischen Bevölkerung auf solch frei gewordenem Grund, vor allem
jene Jüdinnen und Juden, die nach 1948 aus arabischen Ländern vertrieben worden
waren.

Der Rest des im UNO-Teilungsplan den palästinensischen Arabern zugedachten Landes wurde
von Ägypten besetzt (Gazastreifen) und das Westjordanland von Jordanien annektiert. Der
Unterschied: In Ägypten blieben die Palästinenser staatenlos, in Jordanien wurden sie zu
jordanischen Staatsbürgern.

Das Ergebnis des nach der Ablehnung des UNO-Teilungsplans durch die arabische Welt
geführten Vernichtungsfeldzug gegen die Juden war für die Palästina-Araber demnach ein
vergrößertes Israel und die Aufteilung des Rests des Territoriums auf zwei arabische Staaten.

Man sollte nun meinen, dass einer palästinensischen Staatsbildung nunmehr nichts mehr im
Wege stünde. Doch dem war nicht so. Das Thema spielte in der Zeit arabischer Hegemonie
über diesen Teil Palästinas keine Rolle. Erst nach dem 6-Tage-Krieg, als Israel diese Gebiete besetzte, wurde unter den Palästinensern der Ruf nach Eigenstaatlichkeit laut.

Ca. 150.000 Araber waren in UNO-Israel geblieben, unterstanden bis 1960 der israelischen
Militärverwaltung und wurden schließlich israelische Staatsbürger:innen.

Heute sind von den 9 Millionen Einwohnern Israels 74% Juden und 21% Araber. Diese haben
volle Bürgerrechte und sind bekanntlich auch in der Knesset vertreten. Dennoch gibt es, nicht
zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Einkommenssituation soziale Diskriminierungen und
Spannungen.

Diese gibt es auch zwischen aus europäischen Ländern eingewanderten Jüdinnen
und Juden („Aschkenasim“) und solchen aus dem arabischen Raum („Mizrachim“).
Von diesen hatte es in den Jahren nach 1948 eine große Einwanderungswelle (ca.
700.000) gegeben, da sie aus ihren bisherigen arabischen Heimatländern flüchten
mussten.

Inzwischen bilden die Mizrachim etwa 50% der jüdischen Bevölkerung in Israel, was zu einer
starken Orientalisierung des israelischen öffentlichen Lebens geführt hat.

Israel hat es geschafft, sowohl die Flüchtlinge aus Europa nach der Shoah, als auch jene aus
arabischen Ländern nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948 zu integrieren, obwohl von
diesen ein großer Teil schlecht ausgebildet war und sich mit ihnen die israelische
Bevölkerung in kürzester Zeit fast verdoppelte. Auch die späteren Einwanderungswellen wie
1968 aus (schon wieder!) Polen, in den 80ern und 90ern aus der Sowjetunion, aus
afrikanischen Ländern (Marokko) führten nicht zu dauerhaftem Lagerleben, sondern zu
einer oft sehr schwierigen, aber letztlich gelingenden Integration in die israelische
Gesellschaft

4.2  Sinaikrieg 1956

In der Zeit zwischen dem Unabhängigkeitskrieg 1948 und dem Sinaikrieg 1956 gab es jährlich
1.000 bewaffneter Angriffe von über die Grenzen einsickernden palästinensischen Fedayin auf
israelische Einrichtungen und Personen. Insgesamt wurden 1.000 Israelis ermordet. Umgekehrt
wurden ca. 3.000 bis 5.000 der Eindringlinge erschossen. Es gab auch Vertreibungen aus
sensiblen Regionen, sowie Vergeltungsaktionen durch Sondereinheiten der israelischen
Armee, bei denen es zu üblen Übergriffen bis hin zu Massakern kam (etwa bei einer
Vergeltungsaktion nach dem Tod einer israelischen Frau und zwei Kindern durch
eine arabische Granate, als in einem palästinensischen Grenzdorf von israelischer
Sondereinheit 60 Bewohner:innen umgebracht wurden). Es gab innerhalb der israelischen
Gesellschaft heftige Kritik, sodass solche „Vergeltungs“-Aktionen danach unterlassen
wurden.

Nach der Machtübernahme des Militärs unter Nasser in Ägypten 1954 häuften sich die Angriffe
ägyptischer Guerillas auf israelisches Gebiet, was mit israelischen Angriffen auf ägyptisches
Gebiet beantwortet wurde. Als Ägypten den Golf von Akaba blockierte und den Suez-Kanal für
israelische Schifffahrt schloss, fiel für Israel eine lebenswichtige Handelsroute mit Asien und
Afrika aus, was für die israelische Regierung einen Kriegsgrund darstellte. Als Nasser den zuvor
unter britisch-französischer Verwaltung gestandenen Suezkanal nationalisierte, war
für Großbritannien ebenfalls Kriegsgrund gegeben; und Frankreich wollte Ägypten

außerdem dafür bestrafen, dass es die Unabhängigkeitsbewegung in Algerien gegen
Frankreich unterstützte. Also ein Konglomerat an Interessenslagen, die dazu führte, dass
Israel Seite an Seite mit den alten Kolonialmächten gegen Ägypten losschlug und
sein Militär bald die Ufer des Suezkanals erreichte. Auf Druck der USA und der
Sowjetunion (die zur gleichen Zeit übrigens die Demokratiebewegung in Ungarn
niederwalzte) zogen sich die britischen und französischen Truppen wieder zurück.
Israel räumte den eroberten Sinai, wo hernach UNO-Friedenstruppen stationiert
wurden.

Nasser schaffte es, die militärische Niederlage in einen Sieg umzudeuten und errang
innerhalb der arabischen Welt die führende Position. Die Sowjetunion engagierte sich
immer mehr im arabischen Raum, vor allem mit Waffenlieferungen und militärischer
Ausbildung für Militärs arabischer Staaten. Die Propaganda für einen weiteren Krieg gegen
Israel und für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung wurde von Jahr zu Jahr
lauter.

4.3  6-Tagekrieg 1967

1967 war es dann soweit. Von den arabischen Staaten aus gab es immer schriller werdende
Vernichtungspropaganda und inszenierte Großdemonstrationen. Die hochgerüsteten
ägyptischen Truppen marschierten im Sinai ein, die UNO-Truppen dort zogen sich aufgrund
der Forderung Nassers zurück. Ägyptische Truppen wurden aus dem Jemen zurückbeordet und
es wurde ägyptische Generalmobilmachung verkündet. Jordanische Truppen begaben sich unter
den Befehl eines ägyptischen Generals und irakische Einheiten rückten in Jordanien ein, um
schnell ins Kriegsgeschehen eingreifen zu können. Im Norden standen syrische Truppen zum
Überfall auf Israel bereit. In Radioansprachen sprach Nasser von einer bevorstehenden
Befreiung Palästinas, Radio Damaskus proklamierte, dass der letzte imperialistische Soldat mit
den Eingeweiden des letzten Zionisten aufgehängt würde. Vom damaligen Chef der kurz zuvor
von Ägyptens Gnaden gegründeten PLO, Ahmed Shukeiry, stammt der berüchtigte
Ausspruch: „Treibt die Juden ins Meer!“ und „Es wird keine jüdischen Überlebenden
geben!“

Casus Belli für Israel war die Sperre der Straße von Tiran, weil dadurch das Land vom Roten
Meer abgeschnitten wurde.

International wurde der Truppenaufmarsch der arabischen Länder weitgehend ignoriert,
umgekehrt Israel aufgefordert, besonnen zu sein. In dieser Situation entschloss sich die
israelische Regierung einen Präventivschlag zu führen, der, wie wir wissen, überaus erfolgreich
war und letztlich zu einem schnellen Sieg Israels über die vereinigten arabischen Armeen
führte, sowie zu massiven Gebietsgewinnen.

Das Ergebnis: 200.000 bis 300.000 Palästinenser flohen aus dem zuvor von Jordanien und
nun von Israel besetztem Westjordanland. 1,1 Millionen Palästinenser geraten unter
israelische Besatzung. Dazu der Gazastreifen, der bis dahin von Ägypten besetzt gewesen
war.

4.4  Palästinensische, „besetzte“/„umstrittene“ Gebiete

4.4.1  Gazastreifen

Während der britischen Mandatszeit wurden jüdische Bewohner im Zuge arabischer
antijüdischer Ausschreitungen in diesem Gebiet entweder getötet oder vollständig vertrieben.
Bis heute leben keine Juden dort und würden es auch nicht lange überleben.
Nach dem 6-Tagekrieg besetzte Israel das Gebiet. Es wurden jüdische Siedlungen erbaut, die
bis zu 40% des Gazastreifens belegten. Diese stellten ein dauerndes Konfliktpotenzial dar, bis
die israelische Regierung 2005 gegen den erbitterten Widerstand der jüdischen Siedler den
Rückzug vom Gazastreifen beschloss und das Gebiet den palästinensischen Behörden
übergab.

4.4.1.1 Hamas

Im Zuge der iranischen Revolution entdeckten die Muslimbrüder in Gaza den Dschihad und organisierten
Kampf gegen Israel mit dem Ziel von dessen Vernichtung, was bis heute in der Charta der Hamas
steht.

Die Hamas betrachtet ganz Palästina seit der Eroberung durch den Kalifen Omar ibn
al-Chattab im 7. (!) Jahrhundert für immer als zur muslimischen Welt gehörig:
„Palästina ist den Generationen der Muslime bis zum Tag des Jüngsten Gerichts
gegeben“.

Als die Hamas 2006 die Wahlen in Gaza gegen die Fatah gewann, versuchte der Chef der
palästinensischen Autonomiebehörde eine Versöhnung zwischen Fatah und Hamas zu erreichen.
Resultat war, dass die Hamas im Gazastreifen eine Militäroperation der Al-Quassam-Brigaden
gegen die PLO und den Einrichtungen der Autonomiebehörde in Gaza startete – ca. 160
Mitglieder der Autonomiebehörde wurden brutal umgebracht.

Daraufhin blockierte Ägypten die Grenzübergänge zu Gaza, Israel ebenso. Seither gibt es vom
Gazastreifen immer wieder Angriffe auf Israel, was dieses mit gezielten Angriffen auf
militärische und Infrastruktureinrichtungen der Hamas beantwortet.

Schlussfolgerung aus dem Gaza-Abenteuer bzw. aus den Folgen eines Rückzugs aus einem
besetzten Gebiet für Israel war: Die Bedrohung wird nicht weniger, sondern
mehr. Dadurch ist die Bereitschaft, weiter Land abzutreten naturgemäß ziemlich
gesunken.

4.4.2  Westjordanland

war im Teilungsplan den Arabern zugesprochen. Diese lehnten dies bekanntlich ab, später
besetzte Jordanien das Land, wurde international aber nie anerkannt. Im 6-Tage-Krieg
eroberte Israel das Land, das zu diesem Zeitpunkt niemanden gehörte und kontrolliert es bis
heute. Die israelische Bezeichnung als „umstrittene Gebiete“ entspricht demnach der formalen
(juristischen) Realität. Allerdings erleben die Palästinenserinnen und Palästinenser die
Kontrolle durch israelisches Militär ebenso realistisch als Besatzungsregime.

1995 wurde als Beginn eines schrittweisen Friedensprozesses und einer palästinensischen
Staatsbildung das Gebiet in drei Teile geteilt, wovon der eine Teil vollständig unter Kontrolle
der Autonomiebehörde ohne israelisches Militär ist, im zweiten Israel für Sicherheit zuständig
ist und der dritten Teil voll unter Kontrolle Israels steht.

4.5  Palästina, palästinensische Nation

Entgegen dem arabischen Narrativ soll hier nochmals festgehalten werden: Ein souveränes
Gebiet eines „arabischen Palästina“ hat es nie gegeben. Es gab auch keine „Palästinenser“.
Der Name „Palästina“ war vermutlich eine Zuschreibung durch die Römer für das von den
Philistern bewohnte Gebiet. Die Philister selbst waren ein Seevolk und dürften aus Europa
und/oder Kleinasien stammen. Sicher ist, dass sie keine Araber waren.

Als „Palästinenser“ wurden jene bezeichnet, die dort wohnten, also Araber in Palästina, Juden
in Palästina, Christen in Palästina, Drusen in Palästina.

Die Bezeichnung „Palästinenser“ galt demnach für alle (wie für die Briten anlässlich der
Volkszählung 1922) oder für keinen der Ansässigen.
Der UNO-Teilungsplan von 1947 sah daher neben dem jüdischen einen arabischen und keinen
palästinensischen Staat vor.

Eine palästinensische Nation gab es demnach nicht. Erst seit 1948 im Zuge des Kampfes
gegen Israel und mit der Bildung von Fatah und PLO, sowie durch die langjährigen
palästinensischen Verwaltungen in den Autonomiegebieten kann daher von einer Nationbildung
gesprochen werden. Ein markantes Ereignis dafür war 1964 die erste Konferenz des
Palästinensischen Nationalrates.

4.6  Flüchtlinge

Ein Dauerbrenner in der internationalen Diskussion und ein steter Vorwurf an Israel sind die
palästinensischen Flüchtlinge, die trotz Milliarden Dollars an Unterstützung zumeist in großem
Elend leben (im Unterschied zu ihren Führern).

Hier zusammengefasst die Facts:

  • Am Ende des Krieges von 1948 gab es an die 700.000 arabische Flüchtlinge.
    Diese lebten und leben in Flüchtlingslagern in der Westbank, in Jordanien, im
    Libanon und in Syrien. Sie sind nach der Zählweise der UNRA bis heute auf
    fast 6 Millionen angewachsen. Die palästinensische Seite fordert bis heute ein
    Rückkehrrecht für diese „Flüchtlinge“, von denen kaum jemand mehr auf dem
    Boden des heutigen Israel auf die Welt gekommen ist und klarerweise auch keiner
    vertrieben wurde.
  • nach 1948 mussten an die 700.000 arabische Jüdinnen und Juden arabische
    Länder verlassen, in denen ihre Familien oft jahrhundertelang gelebt hatten. Sie
    fanden in Israel Aufnahme. Aus israelischer Sicht hat damit ein Ausgleich für die
    palästinensischen Flüchtlinge stattgefunden.

Nebenbei: Es gibt seit 1948 auch palästinensische Flüchtlinge aus einer anderen
Region, nämlich aus Kuwait. Denn nach dem Überfall und der Besetzung
Kuwaits durch den Irak 1990 agierten viele der dort lebenden Palästinenser
als Kollaborateure der irakischen Besatzer und drangsalierten die kuwaitische
Bevölkerung. Als die USA Kuwait wieder befreit hatte, wurden – auch wegen
des demonstrativen Bruderkusses von Palästinenserführer Arafat für Saddam
Hussein während des Krieges – die in Kuwait lebenden Palästinenser von einem
Tag auf den anderen ziemlich brutal aus dem Land geschmissen, ca. 450.000. Die
meisten landeten in jordanischen Flüchtlingslagern. In jenem Land übrigens, in
dem die PLO Ende der 60er-Jahre versucht hatte, die Macht zu übernehmen, was
erst durch massiven militärischen Einsatz der jordanischen Regierung verhindert
wurde – „Schwarzer September“, was zu einer Massenflucht von Palästinensern
nach dem Libanon führte, der in der Folge Aufmarschgebiet für palästinensische
Terrorgruppen wurde.

4.7  Außenpolitische Folgen des 6-Tage-Krieges

Die Sowjetunion und der gesamter Ostblock mit Ausnahme Rumäniens brachen die
Beziehungen mit Israel ab und intensivierten die vor allem militärische Zusammenarbeit mit
den arabischen Regimen.

Wenige Monate nach dem 6-Tage-Krieg formulierten die arabischen Staaten auf der Konferenz
von Khartum ihre Drei Neins für die Politik gegenüber Israel:

  1. kein Frieden mit Israel
  2. keine Anerkennung Israels
  3. keine Verhandlungen mit Israel

Israel dagegen verfolgte eine Politik des „Land für Frieden“, also Rückgabe besetzter Gebiete
gegen Friedensabkommen und Anerkennung des Existenzrechts Israels. Trotz einiger über die
USA vermittelten indirekten Kontakte kam es mit keinem einzigen arabischen Land zu einem
Ergebnis.

Im Gegenteil, die arabischen Staaten begannen, ermutigt durch die von der Sowjetunion
ermöglichte massive Aufrüstung, den nächsten Vernichtungskrieg gegen Israel zu planen. Wobei
es bereits ab 1968 einen Zermürbungskrieg zwischen Ägypten und Israel auf dem Sinai gab, den
Nasser zurückerobern wollte. Dazu kam die PLO, welche die Vernichtung Israels in ihrer
Charta festgelegt hatte und auf Überfälle und später auf Terroranschläge gegen Zivilisten
setzte. Noch radikaler waren zwei weitere Terrorgruppen, die PFLP und die DFLP,
welche für die blutigsten Anschläge sowohl in Israel als auch in Europa verantwortlich
zeichneten.

In Israel wurde nur der Terrorismus auf seinem Gebiet als aktuell stärkste Bedrohung gesehen,
was dazu führte, dass die israelische Führung vom konzertierten und militärtechnisch optimal
ausgeführten Angriff der syrischen und ägyptischen Armeen 1973 völlig überrascht
wurde.

4.8  Jom-Kippur-Krieg 1973

Der Vormarsch der syrischen und ägyptischen Truppen, die von Einheiten aus Jordanien,
Marokko, Libyen, Sudan und vor allem dem Irak unterstützt wurden, brachte Israel nahe an
den Rand einer Niederlage, die nur durch eine militärische Luftbrücke durch die USA
abgewendet werden konnte.

Die Verteilung der besetzten Gebiete änderte sich nach dem Krieg kaum. Allerdings entstand
eine israelische Siedlerbewegung, welche aus teils wehrpolitischen, teils weltanschaulichen
und teils sozialen Gründen Siedlungen im Westjordanland gründete, was sowohl die
Situation dort verschärfte, aber auch in Israel zu heftigen Auseinandersetzungen
führte.

Weltweit standen nun fast alle Befreiungsbewegungen und fast die gesamte Linke auf Seiten
der arabischen Regime und der palästinensischen Terroristen „gegen den Zionismus“, der als
neokolonialer Statthalter der USA punziert wurde.

Der Terror palästinensischer Gruppen steigerte sich und breitete sich in der ganzen Welt aus.
Teilweise auch von der Linken unterstützt – beispielsweise von seiten der späteren RAF, deren
Mitglieder in Palästinenserlagern militärisch ausgebildet wurden, aber auch Trotzkisten,
Maoisten und moskauhörige Kommunisten standen den Anschlägen und Flugzeugentführungen
(Stichwort Leila Khaled) positiv gegenüber.

4.9  „Friedens“-Prozesse

Nach dem Jom-Kippur-Krieg wurden nach längeren Annäherungsgesten 1979 mit Ägypten und
1984 mit Jordanien Friedensabkommen geschlossen, die bis heute halten.

Gespräche zwischen der israelischen und palästinensischen Seite schienen in den 1990er Jahren
Erfolg zu versprechen, als Israel die PLO als alleinige Vertreterin der palästinensischen
Bevölkerung anerkannte und umgekehrt die PLO unter Arafat sich erstmals zum
Existenzrecht Israels bekannte und versprach, seine Ziele mit friedlichen Mitteln zu
verfolgen.

4.9.1  Zweistaatenlösung

In den Abkommen von Oslo I und Oslo II wurden Wegmarken für die Bildung eines
unabhängigen palästinensischen Staates neben dem israelischen gesetzt. Mit dem Abzug
israelischer Truppen aus einem Teil des Westjordanlandes (Zone A) lagen mit der Schaffung
der Palästinensischen Autonomiebehörde erstmals Verwaltung und Sicherheitsagenden
ausschließlich in palästinensischen Händen. Innerhalb von 5 Jahren sollten auch die
anderen Gebiete (Zonen B und C) in palästinensische Selbstverwaltung übergeführt
werden. Damit wäre ein entscheidender Schritt zu einem palästinensischen Staat
erfolgt.

Doch in dieser als Wegbereitung einer friedlichen Zukunft gedachten Phase intensivierten
radikale palästinensische Gruppierungen ihren Terror. Israel wurden von Bomben- und

Selbstmordattentaten heimgesucht, die viele Opfer unter der israelischen Zivilbevölkerung
forderten und die Hoffnung schwand in der israelischen Gesellschaft, dass das Friedensabkommen
für Israel Sicherheit bringen würde.

Das Resultat war ein starker Vertrauensverlust in die linkszionistisch geführte Regierung unter
Jitzchak Rabin. Die Bevölkerung spaltete sich mehr und mehr in zwei Lager: jene, die hofften,
dass es am Ende doch zu einem friedlichen Nebeneinander mit den Palästinensern kommen
könne; und jene, welche dies als Friedensillusion ansahen, welche die Sicherheit Israels
beschädigte.

Mit der Ermordung des Ministerpräsidenten Jitzchak Rabins durch einen jüdischen
Rechtsextremisten verlor das israelische Friedenslager seinen Protagonisten. Und es setzte sich
landesweit die Annahme durch, dass der Friedensprozess nun endgültig beendet sei und es nur
noch um Aufrechterhaltung des Status quo durch die Verstärkung der militärischen Präsenz
gehen könne. Damit war aber auch der Weg geebnet für Regierungen rechter Parteien, die seit
je eine solche Politik vertraten.

Zwar gab es vor allem auf Initiative der USA noch einige Gespräche mit den palästinensischen
Vertretern, die aber von beiden Seiten nicht mehr von der Hoffnung auf einen Durchbruch
getragen waren und dementsprechend ergebnislos blieben.

4.9.2  Gaza-Rückzug 2005

Der damalige Ministerpräsident Sharon setzte 2005 gegen großen Widerstand innerhalb der
Likud und der Siedlerbewegung den Abzug aus dem Gazastreifen durch.

Seither ist der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen sprunghaft gestiegen, mit immer
größeren und weitreichenderen Raketen, welche nun faktisch alle Städte Israels bedrohen – und
nicht zu vergessen: Auch während der Massaker vom 7. Oktober 2023 ging ein Raketenhagel
auf israelische Städte nieder, der bis heute, wenn auch durch die israelischen Militäraktionen
inzwischen vermindert, anhält.

4.9.3  Internationale Anerkennung

Die Palästinenser unter Abbas setzten auf eine internationale Anerkennung eines fiktiven
Palästinenserstaates. Dies gelang 2012 mit der Zuerkennung des Status’ eines Beobachterstaats
in der UNO. Inzwischen ist der „Staat“ Palästina von 183 Staaten anerkannt. Von
Deutschland und Österreich nicht, diese pflegen aber diplomatische Beziehungen zur
Autonomiebehörde.

Die israelischen Regierungen ihrerseits versuchten weitere Abkommen mit arabischen Staaten
zu schließen und damit das Palästinaproblem aus dem Zentrum zu schieben.

5  Ausblick

Die Massaker des 7. Oktober 2023 waren keine extremistischen „Ausreißer“, sondern der
authentische Ausdruck der Agenda Israel zu vernichten.

Erhebliche Teile der Palästinenser:innen als auch der Bevölkerung in den arabischen Staaten
unterstützen dies.

Daher: Solange Antisemitismus und Antizionismus in der arabischen Welt Staatsraison und
Mainstream ist, solange es außer Israel keine Demokratie im Nahen Osten gibt, wird
Israel die Vernichtung drohen, wird es keinen Frieden geben. Wird Israel, werden
die Jüdinnen und Juden in Israel und hierzulande Solidarität und Unterstützung
brauchen.